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Die lange Geschichte des späteren „VEB Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk Suhl“ beginnt bereits 1856, als die Gebrüder Simson eine Stahlschmiede bei Suhl kauften. Dort wurde bereits im 18. Jahrhundert das im Raum Suhl abgebaute Eisenerz zu Stahlblöcken und Stangen verarbeitet, die als Ausgangspunkt für die Herstellung von Äxten, Meißeln, Hellebarden (im späten Mittelalter verwendete Hieb- und Stichwaffen, mit Klinge in Form einer Axt und zusätzlicher Spitze) und vor allem von Rohren für das Suhler Büchsenmacherhandwerk dienten. Der Preußische Staat erteilte der Firma Simson Rüstungsaufträge für die Kriege 1864, 1866 und 1870/71. Die Auftragslage stieg und das Werk wuchs und erfreute sich stetiger Modernisierungen. So wurde dann 1896 das erste Luftbereifte Fahrrad der Marke Simson hergestellt und 1908 wurde dann der erste Simson-PKW mit Vierzylindermotor gefertigt. Bereits 1912 beschäftigte die Firma Simson 1500 Arbeiter. Als dann der 1. Weltkrieg kam, wurden von 3500 Mitarbeitern Karabiner, Maschinengewehre, Pistolen, Leicht-Geschütze, Flugzeugmotoren und Sanitätskraftwagen hergestellt. 1924 begann der Serienanlauf der Simson-Supra PKW-Reihe, mit der die Firma sehr erfolgreich war. Doch die Wirtschaftskrise verschonte auch die Simson-Werke nicht, und so war 1934 der letzte Simson-PKW fertig. Als 1933 Hitler an die Macht kam, wurden die jüdischen Besitzer enteignet. Im sogenannten Simson-Prozess wurde dann ein Treuhänder eingesetzt. Infolge dessen wurden – unter Angliederung weiterer Werke – die „Berlin – Suhler Waffen- und Fahrzeugwerke“ (BSW) gegründet. Aber bei Simson wurde natürlich weitergearbeitet: im Jahr 1936 lief das erste motorisierte Zweirad vom Band: Die „BSW98“. Dieses als Motorfahrrad eingestufte Zweirad war Steuer – und Führerscheinfrei, hatte 98cm³ Hubraum und 2,25PS. Sie war mit einem handgeschalteten Zweiganggetriebe ausgestattet und erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von etwa 50 km/h. Doch mit Kriegsbeginn wurde die Friedensproduktion, zu der auch Fahrräder und Kinderwagen gehörten, komplett eingestellt. Die Kapazitäten wurden auf die Produktion von Waffen (Karabiner, 2- und 3,7cm Fliegerabwehrkanonen, Maschinengewehre und Kommandogeräte für Flugzeuge) gelenkt. Dabei wuchs der Betreib stetig an. 1946 wurde der als Rüstungsbetrieb eingestufte Betrieb teilweise demontiert. Über 4300 Maschinen wurden als Wiedergutmachung in die damalige Sowjetunion geschickt. Der Rest unterstand dem SMAD (Sowjet Military Administration). Dort wurde ganz langsam wieder damit begonnen, Jagdwaffen, Fahrräder und Kinderwagen zu produzieren, wovon der Hauptteil als Reparationen in die Sowjetunion ging. Unter militärisch straffer Führung erlebte das Werk wieder einen steilen Aufschwung. . 1947 erfolgte die Eingliederung des Betriebes in die „SAG Awtowelo“ Ende 1948 wurde der Auftrag zur Entwicklung eines 250cm³ Viertaktmotorrades erteilt. Es wurden nach langen Jahren wieder Fahrzeuge gebaut, eine große Herausforderung für die Waffeningenieure also. Anfang Juli 1949 liefen erste Fahrversuche mit 3 Prototypen an. Bereits im März 1950 konnte zur Leipziger Frühjarsmesse die AWO 425 (AWO = Abk. für Awtowelo; 4-takt; 250cm³, 12 PS) werden, womit man großes Aufsehen erregte. 1950 lief die tausendste AWO 425 vom Band und Ende 1951 bereits die 7000ste. Das Nachfolgemodell, die AWO 425 S mit Sportfahrwerk und höherem Komfort folgte im Dez. 1955, sie lief 110km/h und brauchte 3,7 Liter auf 100 km. Ab dem 1. Mai 1952 gehörte das Werk wieder der DDR. Nach mehrmaligen Änderungen nannte es sich 1957 „VEB Fahrzeug- und Gerätewerk Simson Suhl“. Die Motorräder hießen ab sofort Simson 425 bzw. Simson 425 S. Im Januar 1962 wurde die Produktion der 425er Serie eingestellt, man spezialisierte sich auf Mopeds, mit deren Entwicklung man bereits 1955 begonnen hatte. Bis dahin waren 124000 Simson 425 und 85000 Simson 425 S vom Band gelaufen. Die ersten Simson-Mopeds der DDR-Zeit waren die SR 1 (1957), und die SR2 E (1960). Dann wurde der Vorgänger der Schwalbe, die KR 50 entwickelt. Die 50cm³-Triebwerke hierfür wurden von den MZ-Werken an das Büromaschinenwerk Sömmerda verkauft, die dann bei Simson montiert wurden. Da die Büromaschinenwerke sich später wieder auf ihre Büromaschinen spezialisieren mussten, war Ende der Triebwerksproduktion. Also musste Simson die Triebwerke selbst herstellen. Da gleichzeitig die Mopedentwicklung weitergehen musste, entstand 1964 die erste zweisitzige Schwalbe – die KR 51, in der auch zum ersten mal ein neuartiges, gebläsegekühltes Dreiganggetriebe verwendet wurde, das 3,4 PS Leistung brachte. Doch auch neue Mokick-Modelle sollten auf den Markt, und so wurden die Simson-Mopeds nach dem Baukastenprinzip entwickelt, so dass heute fast alle Ersatzteile zu jedem Simson-Moped passen. Man hatte z.B. ein Triebwerk entwickelt, das wahlweise mit 2 oder 3 Gängen, Gebläse- oder Fahrtwindkühlung, einer variablen Leistung von 2 – 4,6 PS und Hand- oder Fußschaltung angeboten werden konnte. Etwas später entwickelte man auch die automatische Anfahrkupplung . Die Laufräder, der Anrieb, Bremsen, Elektrik, Federung u. ä. waren bei fast allen Simson-Mopeds gleich. Das hatte den Vorteil, dass die Simsonwerke auch bei Versorgungsengpässen weiterproduzieren konnten. Auf dieser Basis konnte dann 1964 auch der Serienanlauf des Mopeds SR 4-1 „Spatz“ und dem Mokick SR 4-2 „Star“ beginnen. Nachdem dann 1966 die SR 4-3 „Sperber“ und 1972 die SR 4-4 „Habicht“ hinzukamen, war die „Vogelserie“ komplett. Die Simon-Werke kamen mit der Produktion kaum nach, denn oft musste die Schwalbe oder ein anderer „Vogel“ das noch fehlende Auto ersetzen, denn die Mopeds wurden ehr zugeteilt als ein Auto. Aber auch die Entwicklung, hauptsächlich des Erfolgsrollers Schwalbe, stand nicht still. Im März 1986 folgten die Baureihen KR 51/1, SR 4-2/1 mit dem neuen Triebwerk M 53/1. Mitte 1971 erblickte dann die Schwalbe KR 51/1 S mit automatischer Anfahrkupplung das Licht der Welt. Ende der 60er kam dann die Weisung zur Zusammenlegung der Simson-Werke mit den Motorradwerk Zschopau (MZ) und dem Fahrradwerk Sangerhausen (Mifa) zum „IFA-Kombinat für Zweiradfahrzeuge“ mit Sitz in Suhl. 1970 wurden die Modelle SL1 und SL1 S, eine Mofa-Serie, in Produktion genommen. Da die Marktbedingungen in der DDR nicht so gegeben waren wie in der BRD, stellt man die Produktion im März 1972 nach 60000 Mofas ein. Bereits 1968 hatte man damit begonnen, ein motorradähnliches Kleinkraftrad zu entwickeln. Diese Typenreihe begann mit einem 50cm³-Mokick, einem 75cm³-Leichtmotorad und einem 100cm³-Zweizylinder-Motorrad. Die in den heute wieder beliebten Cityrollern verwendete Vollautomatik wurde bei Simson bereits 1972 verwendet. Seit Einführung der neuen EU-Führerscheine sind diese Cityroller, in neuem Design, mit 50cm³ und bis zu 45km/h in Deutschland wieder auf dem Markt. Da aber dann die Mittel knapp wurden, war auch bei Simson Schluss mit neuen Designs. Doch 1974 ging es weiter. Zur Leipziger Herbstmesse die S 50-Baureihe vorgestellt, und gleich mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. Diese Modelle waren endlich sportlich und komfortabel, womit sie besonders bei der Jugend auf Interesse stießen. Die Baureihe umfasste die Typen S 50 N, S 50 B, S 50 B 1 und S 50 B 2 mit einer weiteren Weltneuheit: der elektronischen Zündung. Das seit 1964 produzierte Triebwerk M 53/54 hatte in 15 Jahren Entwicklung einen hohen technischen Stand erreicht. Das 2 millionste Exemplar wurde gebaut. Da aber die Forderungen nach mehr Umweltschutz und einem 4-gang-Getriebe laut wurden, musste ein völlig neuer Zweitaktmotor entwickelt werden. Die Nullserie des Motors M 531/541 wurde 1979 erstmals vorgestellt. Die Typenbezeichnungen der Mopeds änderten sich zu KR 51/2 bzw. S 51. Die neu motorisierten Schwalben bekamen die Bezeichnungen KR 51/2 N, KR 51/2 E und KR 51/2 L. Auf die laute Gebläsekühlung konnte man jetzt verzichten, die Zylinder- und Zylinderkopfverrippung machte es möglich. Außerdem lagen die Abgaswerte weit unterhalb der damaligen BRD-Standards und die Leistungswerte, speziell das Drehmoment, wurden deutlich verbessert. Der Umbau zum Vierganggetriebe erfolgte durch Zwischenschaltung eines neuen dritten Gangs. Ebenfalls von den neuen Triebwerken profitieren konnte die S 51-Reihe, die nun mit den Modellen S 51 N, S 51 B 1-3, S 51 B 1-4, S 51 B 2-4, S 51 E und später noch S 51 C und S 70 E und S 70 C, mit 70cm³-Triebwerk, auftrat. Gegen Ende des Jahres 1985 konnte Simson die Nullserie des Schwalbe-Nachfolgers präsentieren; die SR 50 N, - B3, -B4, -C, -CE (erstmals mit Elektrostarter) wurde bei den Messen in Leipzig, Brünn und Posen mehrfach ausgezeichnet. Auch ein Leistungsstarker Roller mit 75 km/h, der SR 80 CE mit 80cm³, ging in Serie. Im Jahr produzierten die 4000 Mitarbeiter etwa 200000 Kleinkrafträder. Doch nach der Wiedervereinigung war dann auch Simson pleite. Aufträge in den Ostländern wurden aufgrund der Veränderung der weltpolitischen Lage storniert, der 31.12.1991 war der letzte Arbeitstag der Firma. Viele hatten jetzt Geld für ein Auto oder stiegen auf Westmopeds um, denn damals dachten alle DDR-Bürger, die Westprodukte wären grundsätzlich besser. Dass das nicht stimmt, ist durch technischer Errungenschaften bei den Simson- oder Trabantwerken eindrucksvoll bewiesen. Seit Beginn der Fahrzeugfertigung 1950 wurden in Suhl etwa 6 Millionen Motorräder, Mopeds, Mokicks, Mofas und Kleinroller produziert. Zum Jahresbeginn 1992 nahmen einige ehemalige Mitarbeiter die Produktion des S 53 und der SR 50/1 in der „Suhler Fahrzeugwerk GmbH“ auf. Durch Weiterentwicklungen stehen heute die Modelle S 53 alpha, beta und gamma zur Verfügung, ergänzt wird die Produktpalette durch den Elektroroller SR gamma E und das Lastendreirad SD 50 sowie SD 50 delta mit Elektroantrieb. Da auch das scheiterte, übernahm eine neue Besatzung von 50 Leuten unter Leitung von Klaus Bänsch das Unternehmen aus dem im Juni 2000 laufenden Insolvenzverfahren. Seit der Übernahme aus dem laufenden Insolvenzverfahren im vergangenen Juni seien große Fortschritte bei der Entwicklung neuer Modelle gemacht worden, sagte der Chef der „Simson Zweorad GmbH“, Klaus Bänsch kürzlich in Suhl. So haben sich die Designer und Techniker des krisengeschüttelten Traditionsherstellers zuerst auf die Modernisierung des Motorrades "Schickra" konzentriert. Diese wurde zwar in der Vergangenheit von den Motorradfans durchaus positiv aufgenommen, war jedoch mit technischen Mängeln behaftet. Das neue "Schickra" ist pünktlich zur Saison 2001 in Serie gegangen und soll die Erfolgsstory von Simson weiterschreiben. So ist die Zahl der Arbeitsplätze von knapp 50 auf inzwischen 90 angestiegen. Für dieses Jahr plant das Unternehmen Investitionen in Höhe von rund 2,1 Millionen Mark. Sie fließen z.B. in die Produktion von insgesamt fünf neuen 125-Kubikzentimeter-Modellen, die im vergangenen Februar angelaufen ist. Zu den neuen Modellen gehören ein so genanntes Naked Bike, eine halbverkleidete Sport- und eine Straßenausführung sowie zwei Enduro-Modelle mit der Bezeichnung GS und SM. Den Lastenroller "Albatros" hat Simson mit einem Automatikgetriebe ausgestattet. Im vergangenen Jahr verkaufte Simson rund 1450 Fahrzeuge, 2001 sollen rund 4000 Zweiräder vom Band laufen und ein Jahr später 6000. Parallel dazu will Bänsch auch die Zahl der Mitarbeiter weiter aufstocken. Noch in diesem Jahr sollen etwa 20 bis 30 dazu kommen, bis Ende 2002 ist eine Zahl von 300 Beschäftigten angepeilt. Bänschs ehrgeiziges Ziel: Simson soll mittelfristig wieder größter Arbeitgeber Suhls werden. Hier bei uns wurden die 50cm³-Simsons direkt nach der Wende bis etwa 1995 sehr bekannt, der Import aus den neuen Bundesländern auf privater Ebene lief gut, da die Leute im Osten Geld brauchten und hier endlich ein 50cm³-Moped gefahren werden konnte, dass 60km/h lief und das auch durfte. Außerdem überzeugten und überzeugen auch heute noch die 50cm³-Simsons durch hohe Stabilität und Qualität, auch im hohen Alter von 20 Jahren und mehr. |